Beschreibung von Köln, Erzbischöfliche Diözesan- und Dombibliothek, Cod. 181

Bibliographische Beschreibung

Handschriftentitel
Petrus Lombardus : Liber sententiarum
Entstehungsort
Westdeutschland
Entstehungszeit
3. Drittel 12. Jh.
Beschreibstoff
Pergament
Umfang
216 Blätter
Format
324 mm x 220 mm
Persistenter Identifier
urn:nbn:de:hbz:kn28-3-10651 Persistent Identifier (URN)
Weitere Angaben
Land
Deutschland
Ort
Köln
Sammlung
Dombibliothek
Signatur
Cod. 181

Überblickbeschreibung

Petrus Lombardus: Liber sententiarum

Petrus Lombardus gehört zu den einflußreichsten Theologen des 12. Jahrhunderts. Zwischen 1095 und 1100 wurde er in der Nähe von Novara geboren, in einer Gegend, wo die Menschen dem Langobardischen Recht unterstanden; sein Beiname verweist also auf die Rechtszugehörigkeit. Nach ersten Studien in Italien und Frankreich kam er um 1134/35mit einem Empfehlungsschreiben des Bernhard von Clairvaux (1090-1153) an die Schule der Kanoniker von St. Viktor in Paris. In den Jahren 1147 und 1156 fungierte er als Zeuge in Urkunden von Notre-Dame, wo er zunächst zum Diakon, später zum Priester geweiht und zum Leiter der Kathedralschule berufen worden war. 1159 wurde Petrus zum Bischof von Paris gewählt, doch nach wenig mehr als einem Jahr in diesem Amt starb er am 20. Juli 1160. Auf der skulptierten Platte, die einst sein Grab in der Kirche St. Marcellus schmückte, waren seine Hauptwerke vermerkt: Neben den Kommentaren zum Psalter (s. Dom Hs. 62, Kat.Nr.46) und zu den Paulusbriefen stand an erster Stelle der 'Liber sententiarum'.

Das groß angelegte, in vier Bücher gegliederte Werk verfaßte Petrus Lombardus zwischen 1150 und 1158 und las es in zwei Zyklen in seinem Unterricht. Entsprechend der scholastischen Methode behandelt er darin theologische Fragen im Für und Wider der unterschiedlichen Aussagen. Er setzt sich dabei ebenso mit den Texten patristischer Autoren wie mit Schriften seiner Zeitgenossen auseinander - etwa Hugo von St. Viktor, Gratian (s. Dom Hss. 127 und 128, Kat.Nr.55, 56), Abaelard. Thematisch spannt sich der Bogen von den Problemen um Gottes Wesen in der Dreiheit der Personen, über Schöpfungstheologie und Erlösungslehre bis zur Lehre von den Sakramenten und den letzten Dingen. Noch in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts begann eine intensive Rezeption des 'Liber sententiarum', der bis ins späte Mittelalter "Schulbuch" der theologischen Fakultäten blieb und den u.a. Alexander von Hales, Albertus Magnus, Bonaventura und Thomas von Aquin kommentierten (Magister Petrus Lombardus, Sententiae in IV libris distinctae I/1: Prolegomena, Grottaferrata [Rom] 1971, S. 117*ff.; L. Hödl, Art. Petrus Lombardus, in: TRE 26 [1996], S. 296ff.).

Der Lombardus-Codex der Dombibliothek stammt laut zeitgenössischem Besitzvermerk (1r) aus dem ehemaligen Benediktinerkloster Oberpleis, der ältesten Tochtergründung der nahegelegenen Abtei Siegburg. Einfache, meist in den Farben Blau und Rot wechselnde Initialen mit sparsamem Dekor in frühen Fleuronnée-Formen stehen einer erstaunlich altertümlich wirkenden Schrift mit Majuskeln am Wortende gegenüber. Allein die wenigen großen Zierbuchstaben setzen zu Beginn des Prologs und der vier Bücher künstlerische Akzente. Ihre hell zum grün-blauen Grund kontrastierenden Ranken können das Eingebundensein in die rhein-maasländische Ornamentik der Romanik nicht verleugnen. Dabei scheinen sie in Einzelheiten der Blattbildung Vorlagen in der Art des Rupertus-Codex der Münchner Staatsbibliothek (Clm 14055) aus dem 2. Viertel des 12. Jahrhunderts aufzugreifen und im Wuchs der kräftigen Stengel, die sich der Rationalität des Zirkels immer wieder zu entziehen suchen, die dort bereits spürbare Lebendigkeit der Rankenführung noch zu steigern (E. Klemm, Die romanischen Handschriften der Bayerischen Staatsbibliothek, Teil I, Wiesbaden 1980, Nr. 20; Monumenta Annonis 1975, G4 [J.M. Plotzek], Abb. 232). Bemerkenswert ist weiter, daß gewisse Eigentümlichkeiten der Schrift, so die auffällige NT-Ligatur, beiden Handschriften gemeinsam sind. Wenn auch die Lokalisierung des Münchner Rupertus zwischen Köln, Siegburg und Deutz schwankt, mag ein solcher Vergleich doch ein erster Fingerzeig auf das künstlerische Umfeld sein, dem der Lombardus-Codex entstammt.

Zustand und Zusammensetzung

Lagenstruktur
Lagen 1-78, 88+1, 9-268, 276+1 ;
Seiteneinrichtung
Schriftspiegel 248 mm x 159 mm ;Blindliniierung und Metallstiftliniierung; 2 Spalten von je 73 mm Breite und 12 mm Abstand sowie zwei Marginalspalten am Außenrand (je 14mm); 46 Zeilen.

Schrift und Hände

Lateinischer Text in hell- bis mittelbrauner romanischer Minuskel, rubriziert; Auszeichnungsschrift: Ziermajuskeln, für die Autorennamen z.T. sehr stark elongiert; einzeilige Initialen in Rot und in Blau;

Buchschmuck

  • Zwei- bis mehrzeilige Initialen in Rot, Blau und Beige mit konturbegleitenden gebogenen Linien in einer der anderen Farben; große Rankeninitialen in roter Federzeichnung in gespaltenem, rot gefülltem Buchstabenkörper mit silbernen (?) Klammern und Schattierung in Blau und Grün.

Einband

Einband: Pergament mit Streicheisenlinien über Pappe (Mitte 18. Jh.).

Geschichte der Handschrift

Provenienz
Zeitgenössischer Besitzvermerk von St. Pankratius, Oberpleis (1r); Darmstadt 2189.

Inhaltsangabe

  • 1r Zeitgenössischer Besitzvermerk von St. Pankratius, Oberpleis.
  • 1v-215v Autor: Petrus Lombardus Titel: Liber sententiarum (PL 192, 521-962; Magister Petrus Lombardus, Sententiae in IV libris distinctae, Grottaferrata [Rom] 1971/1981 ); im ganzen Text sind die zitierten Autoritäten am Rand vermerkt; vor allen Büchern Capitula.
    • 1v Prolog Incipit: C(UPIENTES aliquid).
    • 3v 1.Buch. Dist. 1 V(ETERIS AC NOVAE LEGIS) .
    • 67v 2. Buch. Incipit Incipit: Que ad misterium .
    • 68r Dist. 1 Incipit: C(REATIONEM RERUM) .
    • 113v 3. Buch. Incipit Incipit: Iam nunc his intelligendis Sic enim ordo rationis.
    • 115r Dist. 1 C(UM VENIT igitur plentitudo).
    • 154r 4. Buch. Incipit Incipit: Hiis tractatis que ad doctrinam. Dist. 1 S(AMARITANUS ITAQUE) .
    • 215v Ende mit Explicit: ad pedes usque via duce pervenit ; Auszüge aus verschiedenen Konzilsbestimmungen In concilio apud vermeriam. Si quis cum matre et filia fornicatus fuerit./De peccatis nolentium/Quae sint criminalia peccata./Quae sint venialia. ./De trinubio Annae. Ende mit Explicit: Tres igitur viros habuit Anna. Joachim, Cleopham, Saloman .

Bibliographie

Quellenangabe

  • Glaube und Wissen im Mittelalter. Katalogbuch zur Ausstellung. München 1998. S. 241-242(Beate Braun-Niehr)[Digitaler Volltext]
Impressum
Herausgeber
Erzbischöfliche Diözesan- und Dombibliothek Köln
Redaktion
Im Rahmen des DFG-Projekts CEEC bearbeitet von Patrick Sahle; Torsten Schaßan (2000-2004)
 
Bearbeitung im Rahmen des Projekts Migration der CEEC-Altdaten von Marcus Stark; Siegfried Schmidt; Harald Horst; Stefan Spengler; Patrick Dinger; Torsten Schaßan (2017-2019)
Ort
Köln
Datum
2018
URN
urn:nbn:de:hbz:kn28-3-10651
PURL
https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:hbz:kn28-3-10651
Lizenzangaben

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