Beschreibung von Köln, Erzbischöfliche Diözesan- und Dombibliothek, Cod. 11

Bibliographische Beschreibung

Handschriftentitel
Beda Venerabilis : Kommentar zu den Büchern Esra und Nehemia
Entstehungsort
Köln, St. Pantaleon
Entstehungszeit
um 1160
Beschreibstoff
Pergament
Umfang
78 Blätter
Format
302 mm x 219 mm
Persistenter Identifier
urn:nbn:de:hbz:kn28-3-7886 Persistent Identifier (URN)
Weitere Angaben
Land
Deutschland
Ort
Köln
Sammlung
Dombibliothek
Signatur
Cod. 11

Überblickbeschreibung

Beda Venerabilis: Kommentar zu den Büchern Esra und Nehemia

In den Jahren ab etwa 1150 bis um 1190 entstanden im Skriptorium des St. Pantaleonklosters mehrere ungewöhnlich gut ausgestattete exegetische und historische Handschriften, die durch reiche Verwendung von Zierinitialen und - in zwei Fällen - ganzseitigen Zierseiten auffallen. Den Anfang macht in den Jahren um 1150 ein Band mit 'De Civitate Dei' des Augustinus (Hamburg, Staats- und Universitätsbibl., Cod. 5 in scrinio). Er weist - und das ist auffällig bei theologischen Handschriften - zwei prunkvolle, Purpurgrund imitierende ganzseitige Titelblätter und 22 spaltenbreite Initialen zu jedem Buch des 'Gottesstaates' auf. In chronologischer Folge schließen sich die 'Historia ecclesiastica tripartita' des Cassiodor in Berlin (Staatsbibl. PK, Ms. theol. lat. fol.901) und vier Codices der Kölner Dombibliothek an: Dom Hss. 11 und 31 (Kat.Nr.31), dazu vielleicht die zweibändige Ausgabe der 'Antiquitates' des Flavius Josephus, Dom Hss. 162 und 163 (Kat.Nr.72). Diese Handschriften entstanden um 1160-70. Es folgen zwei Codices in Hamburg: der Sommerband eines Homiliars des Paulus Diaconus (Cod. 1b in scrinio) und der Miscellaneenband mit Werken des Hieronymus, Augustinus und anderer (Cod. 6 in scrinio). Letzterer ist um 1180-90 zu datieren und beschließt die Reihe. Wiederum besteht der Buchschmuck hier, mit Cod. 5 in scrinio durchaus vergleichbar, aus zwei ganzseitigen Titelblättern. Diese einmal gefundene Gestaltungsform wurde also über vierzig Jahre im Skriptorium von St. Pantaleon beibehalten.

Dom Hs. 11 enthält zwei der kleineren exegetischen Kommentare des Beda Venerabilis: seine Erläuterungen zu den Kleinen Propheten Esra und Nehemia. Der Angelsachse Beda wurde 673/674 in der Bannmeile des Klosters Wearmouth in Northumbrien geboren. Nach dem Tod seiner Eltern gaben Verwandte den Siebenjährigen in die Obhut des Abtes Benedict Biscop (ca. 628-690?), der ihn dem Mönch Ceolfried (630-716) im Kloster Jarrow anvertraute. Als Neunzehnjähriger wurde Beda Diakon, mit dreißig Jahren Priester. Er starb im Jahr 735. Fast sein gesamtes Leben verbrachte er im Kloster Jarrow, wo er studierend und lehrend eine umfassende schriftstellerische Tätigkeit entfaltete. Dabei nutzte er die großartige Bibliothek seines Klosters. Als einer der ersten mittelalterlichen Schriftsteller belegte er seine Quellen, benannte frühere Verfasser und kennzeichnete Zitate. Hauptziel war ihm bei aller gelehrten Wissenschaft Erbauung und sittliche Belehrung durch das Studium der Bibel, der Naturwissenschaften und der Geschichte (W. Becker, in: LexMa 1, Sp.1775). Von seinen zahlreichen Werken ist heute die 'Historia ecclesiastica gentis Anglorum' am bekanntesten, die in über 160 Handschriften erhalten ist. Im Mittelalter fanden jedoch seine exegetischen und theologischen Werke die weiteste Verbreitung. Die Kölner Dombibliothek verfügt in einem Codex des 9./10.Jahrhunderts noch über seine 'Collectio ex opusculis Sancti Augustini' (Dom Hs. 104). Folgenreich und weit verbreitet sind auch die fälschlich unter seinem Namen kursierenden Schriften, die sich gern mit seiner Autorität schmückten. Beispielsweise überliefert Dom Hs. 84 (Kat.Nr.33) in einem Band mit den 'Moralia in Iob' Gregors des Großen zwei Predigten eines unbekannten Autors unter Bedas Namen.

Bedas Kommentar zu den Prophetenbüchern Esra und Nehemia gehören mit zwei weiteren Texten in einen größeren Zusammenhang. In seiner Schrift 'Über den Tabernakel' (De tabernaculo) erläutert Beda die allegorische Bedeutung des von Moses in der Wüste errichteten Tabernakels. Im Buch 'Über den Tempel' (De templo) handelt er über den ersten salomonischen Tempel, der zur Zeit des babylonischen Exils zerstört wurde. Hier schließt sich die Auslegung der Bücher Esra und Nehemia an, in der Beda den Bau des zweiten, während der Regierung des Perserkönigs Cyrus (558-529 v.Chr.) nach dem babylonischen Exil errichteten Tempels allegorisch mit Blick auf das himmlische Jerusalem deutet.

Das Werk Bedas zu Esra und Nehemia kann in insgesamt 32 Manuskripten nachgewiesen werden; der Kölner Codex folgt der üblichen Textredaktion und weist keine auffälligen abweichenden Lesarten auf. Der Band wurde in den beiden Hauptteilen (9v-51v und 56r-77v) von zwei geübten Schreiberhänden in karolingischer Minuskel geschrieben, deren Buchstabenform noch auf das beginnende 12.Jahrhundert verweist. Kleinere Eintragungen verteilen sich auf drei weitere Schreiber. Auf Folio 78r hat ein Schreiber 24 Hexameter aus den Monosticha des Pseudo-Cato - die im Mittelalter Beda zugeschrieben wurden und sonst nur noch im Codex Reg. lat. 711 der Vatikanischen Bibliothek vorkommen - und einen Vers Martials eingetragen. Insgesamt bezeugen zahlreiche Marginalien, daß der Codex aufmerksam studiert wurde.

Zustand und Zusammensetzung

Lagenstruktur
Lagen 16+1, 2-98, 106+1 ;
Seiteneinrichtung
Schriftspiegel 225 mm x 149 mm ;Blindliniierung mit Versalienspalte ( 8 mm ); einspaltig; 29 (bis Fol. 7 und ab Fol. 72), sonst 33 Zeilen.

Schrift und Hände

Lateinischer Text in hell- bis dunkelbrauner romanischer Minuskel, rubriziert; Auszeichnungsschrift: Capitalis Rustica; zeitgenössische und spätere Marginalnotizen; ein- und zweizeilige Textmajuskeln in Tinte, z.T. rot schattiert, und in Rot;

Buchschmuck

  • Mehrzeilige Ziermajuskeln in Rot, z.T. mit reduzierter vegetabiler Ornamentik; Rankeninitiale zu Beginn des Textes in brauner Federzeichnung mit gespaltenem, rot gefülltem Buchstabenkörper und Klammern sowie blauer, türkis- und beigefarbener Füllung des Binnengrundes.

Einband

Pergament mit Streicheisenlinien über Pappe (Mitte 18.Jh.); Streifen des Einbandes wurden entfernt und firmieren heute unter Dom Hs. 415 (Jaffé/Wattenbach 1874, S. 5).

Geschichte der Handschrift

Provenienz
Im 14. oder 15.Jh. im Besitz von Andreas de Werdena, Kanoniker am Kölner Kunibertstift (1r); Darmstadt 2011.

Inhaltsangabe

  • 1r Besitzvermerk Liber Andree De Werdena Canonici Ecclesie Sancti Cuniberti Coloniensis .
  • 1r-77v Autor: Beda Titel: In Ezram et Neemiam (CSEL 119A, 235-392).
    • 1r Prolog Incipit: E(XIMIUS SACRAE INTERPRES) ; Capitula.
    • 2v Buch 1 Incipit: C(UNCTIS LEGENTIBUS) .
    • 25v Buch 2 Incipit: P(ROPHETAVERUNT AUTEM AGGEUS) .
    • 50v Buch 3 Incipit: V(ERBA NEEMIAE) .
    • 77v Ende mit Incipit: memento mei Deus meus IN BONUM .
  • 78r Autor: Pseudo-Cato Titel: Monosticha (PL 171, 1735-1736; Schaller/Könsgen 16936; Walther 19923; Walther, Proverbia: III 17948, I 5978, III 19297, III 15949, V 31744, III 22772, I 1736, II 13237, I 8270, III 20887b, V 30243, II 15258, IV 23592, I 829, I 6116, I 6604, IV 27107, V 31586, I 6199, II 10666, II 8661, V 30628, I 1550; Martialis Epigrammata, Liber X, 79, 3-4; Walther, Proverbia I 7569a ) Incipit: VERSUS PERFECTARUM SENTENTIARUM BEDE. Utilibus monitis prudens accommodet aurem./Non leta extollant animum nec tristitia frangant./Dispar vivendi ratio est mors omnibus una./Nunquam sanantur de formis vulnera famae./Naufragium rerum est mulier malefida (!) Incipit: marito./Tu si animum regeris, rex es, si corpore, servus./Proximus esto bonis, si non potes optimus esse./Audit quod non vult qui peregit dicere quod vult./Juris servitii (!) modo (!) fer (!), sic liber haberis./Ex igni ut fumus, sic fama ex crimine surgit./Paulisper laxatus amor decidere potest./Splendor opum sordes vite non abluit unquam./Mortis ymago iuvat strennua mors ipsa timetur./Quanto maior eris, tanto moderatior esto./Alta cadunt odiis, parva extollunt (!) amore./Divitie trepidant, paupertas lybera res est./Dissimilis cunctis vox, vultus, vita, voluntas./Sepe dolor sicut lacrimas et gaudia fundunt./Tristibus afficiar gravius, si leta recorder./Doctrina est fructus dulces (!) radices (!) amare./Haud homo culpandus quando est in crimine casus./Fac quod te par sit, non alter quod mereatur./Suffragium laudis quod fert malus hoc bonus odit./Aspera per pensu fiunt iocunda relatu./Torquatus nitidas vario de marmore thermas [extruxit; cucumam fecit Otacilius] ./Haec precepta legat devotus, et impleat actu .

Bibliographie

Quellenangabe

  • Glaube und Wissen im Mittelalter. Katalogbuch zur Ausstellung. München 1998. S. 213-214 (Hans-Walter Stork) [Digitaler Volltext]
Impressum
Herausgeber
Erzbischöfliche Diözesan- und Dombibliothek Köln
Redaktion
Im Rahmen des DFG-Projekts CEEC bearbeitet von Patrick Sahle; Torsten Schaßan (2000-2004)
 
Bearbeitung im Rahmen des Projekts Migration der CEEC-Altdaten von Marcus Stark; Siegfried Schmidt; Harald Horst; Stefan Spengler; Patrick Dinger; Torsten Schaßan (2017-2019)
Ort
Köln
Datum
2018
URN
urn:nbn:de:hbz:kn28-3-7886
PURL
https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:hbz:kn28-3-7886
Lizenzangaben

Die Bilder sind unter der Lizenz CC BY-NC 4.0 veröffentlicht

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