Guilelmus Peraldus: De vitiis (Köln, Erzbischöfliche Diözesan- und Dombibliothek, Cod. 183)
Bibliographische Beschreibung
Überblickbeschreibung
Guilelmus Peraldus: Summa de vitiis
Guillaume Peyraut (vor 1200-1271) war ein durch seine populäre Abhandlung über die Tugenden und Laster ('Summa de vitiis et virtutibus', um 1260) überaus bekannter französischer Dominikanermönch und Theologe. Er lebte in Lyon und wird von einer späteren Hand am Ende des Manuskriptes als Wilhelm von Burgund bezeichnet (171v). Die 'Summa' wurde ein Standard-Nachschlagewerk in den Bibliotheken der Dominikaner, die sich sowohl in Köln als auch in Lüttich niedergelassen hatten. Das Manuskript ist schwer zu lokalisieren, da es nur zurückhaltend mit filigranen Federinitialen ausgestattet wurde. Der Text wird mit einer zweifarbigen Lombarde (Initialmajuskel) in Rot und Blau eingeleitet (6r), die mit dichtem Fleuronnée gefüllt ist. Am Textblock entlang breiten sich Zierleisten in Rot und Blau aus. Die gesamte Abhandlung beginnt mit einer sehr viel prächtigeren Initiale dieses Typs (1r), deren blauer Buchstabenkörper zum Binnenraum hin mit einer Goldleiste eingefaßt ist, auf der sich in Weiß ausgespart ein kleiner Drache und ein Narr tummeln. Innerhalb der Initiale bildet dichtes rotes und violettes Federfiligran ein Schachbrett, auf dessen Einzelfeldern sich kleine Drachen schlängeln. Zierleisten mit roten und blauen Ornamentformen auf goldenen Stegen formen hier einen dreiseitigen Rahmen. Ähnliche Initialen schmücken die ca. 1330 für den Aachener Dom (Domschatz, Mss. 14-15 und 22-25) und 1320-1334 für die Stiftskirche Hl. Kreuz in Lüttich (Mss. 1-2, und Musée d'art religieux et d'art mosan) gefertigten Chorbücher (J. Oliver, in: BSADL 60 [1995], S. 47ff.).
Während die in den Fleuronnée-Initialen häufigen Drachen möglicherweise rein dekorativ gemeint sind, könnte man den ungewöhnlichen trompetespielenden Narren als dämonische weltliche Versuchung interpretieren, gegen die Peraldus in diesem Text schimpft. Er verurteilt öffentlich tanzende Frauen, indem er sie mit Heuschrecken vergleicht, die aus dem Schlund des Abgrundes aufsteigen, wie es in der Apokalypse des Johannes (9, 2-11) beschrieben wird: "Aus diesem Rauch kamen Heuschrecken, das sind Sängerinnen und Tänzerinnen, die nicht von Vernunft beherrscht sind, sondern wie unverständiges Vieh in Schwärmen einfallen die diabolische Horde der Liedersänger überwältigt allein mit ihrem Spott und Hohn die Guten und bringt jene zu Fall, die sich bereits auf den Flügeln der Tugend zu einem vollkommenen Leben aufgeschwungen hatten " (vgl. C. Page, The Owl and the Nightingale, Berkeley 1989, S. 126ff. und 196ff.).
Überblickbeschreibung aus: Glaube und Wissen im Mittelalter. Katalogbuch zur Ausstellung, München 1998, S. 245-247 (Judith Oliver)
Bibliographie
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