Ordo Romanus (Köln, Erzbischöfliche Diözesan- und Dombibliothek, Cod. 138)
Bibliographische Beschreibung
Überblickbeschreibung
Ordo Romanus
Zeugen der liturgischen Austauschbeziehungen zwischen Rom und dem Frankenreich unter der Karolingerherrschaft sind die 'Ordines Romani', eine Sammlung römischer Pontifikalriten, die in bedeutenden Klöstern des Frankenreichs (z. B. St. Alban, Mainz) gesammelt und gemäß fränkischer Bräuche und Notwendigkeiten überarbeitet wurden. Sie enthalten zum einen rituelle Anweisungen für die liturgischen Amtshandlungen des Bischofs und seiner Kleriker im Laufe eines Kirchenjahres, so etwa die katechumenalen Riten der Fastenzeit bis zur Taufe in der Osternacht, zum andern zeitlich nicht gebundene liturgische Ordnungen etwa der Dedikation einer Kirche oder der Ordination von Klerikern. Da beim Gottesdienst aber neben dem Buch der liturgischen Ordnungen auch das Sakramentar mit den Gebets- und Weihetexten zur Hand sein muß, werden die 'Ordines Romani' nach und nach um solche Gebetstexte aus dem Sakramentar ergänzt, bis über viele Zwischenstufen ein neues liturgisches Buch entsteht: das 'Pontificale Romano-Germanicum', das seit dem 10. Jahrhundert die 'Ordines Romani' ablöst (vgl. Dom Hss. 139 und 140, Kat. Nr. 85). Mit einem solchen Pontifikale sind alle Gebetstexte und liturgischen Anweisungen aufeinander abgestimmt und in einem Band vereinigt. Dom Hs. 138 enthält die verbreitete Kollektion B (M. Andrieu: Les Ordines Romani) der 'Ordines Romani'. Schilderte die Kollektion A noch die Riten und Gebräuche Roms, bezogen auf die stadtrömische Topographie, paßt Kollektion B nun die römischen Pontifikalriten den Bedingungen des Frankenreiches an und fügt eigenes liturgisches Gut ein. Ein Beispiel für solch fränkisches Liturgiegut sind die mit vielen dramatischen Elementen ausgestalteten Kirchweihriten, etwa die Umschreitung des zu weihenden Gotteshauses oder das Aufzeichnen des lateinischen und griechischen Alphabetes im Kircheninneren. Die Kölner Handschrift demonstriert deutlich den schrittweisen Übergang der 'Ordines Romani' zum Pontifikale, da die rituellen Anweisungen, die eigentlich die 'Ordines Romani' ausmachen, um ausformulierte Gebetstexte des Sakramentars erweitert werden (z. B. 26r ff., 36r ff.). Für die Datierung der Handschrift gibt es nur wenige Anhaltspunkte. Die Art der Schrift scheint laut Bernhard Bischoff auf das 2. Viertel des 9. Jahrhunderts hinzuweisen (Schneider 1996). Die Liturgiegeschichte hat sich vor allem mit dem Ordo auf Folio 40v - 43r befaßt, der den Ablauf eines Provinzialkonzils festlegt, und kommt auf diesem Wege zu einem terminus post quem. Es handelt sich um die früheste überlieferte Fassung dieses Ordo, der in engem Zusammenhang mit der karolingischen Liturgiereform steht. Er setzt die Kenntnis des zwischen 784 und 791 von Papst Hadrian (772 -795) an Karl den Großen (768 - 814) übersandten gregorianischen Sakramentars voraus, ohne den Anhang des Benedikt von Aniane (um 750 - 821) aus den Jahren 810 - 816 zu berücksichtigen (vgl. Dom Hs. 88, Kat. Nr. 82) (Klöckener 1980). Zahlreiche Mißverständnisse im Text machen jedoch deutlich, daß es sich nicht um die erste Abschrift des Ordo handelt. Die Fürbitten der Laudes (44r/v) erwähnen einen Kaiser und dessen königliche Söhne, die versuchsweise mit Karl dem Großen (800 zum Kaiser gekrönt) und dessen Söhnen Pippin und Ludwig identifiziert wurden, sowie das römische und fränkische Heer (Hartzheim 1752). Als einzige Heilige treten Maria, Petrus und Theodor auf. Für die der merowingischen Tradition verpflichtete Initialornamentik könnte ein französisches Skriptorium verantwortlich zeichnen (von Euw 1985). Ob die Ordines für den Gebrauch in der Kirche von Köln kopiert wurden, ist nicht mit Sicherheit zu belegen.
Überblickbeschreibung aus: Glaube und Wissen im Mittelalter. Katalogbuch zur Ausstellung, München 1998, S. 330-331 (Andreas Odenthal/Ulrike Surmann)
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