Beschreibung von Köln, Erzbischöfliche Diözesan- und Dombibliothek, Cod. 26
Bibliographische Beschreibung
Überblickbeschreibung
Paulusbriefe mit Glossen
Für die Verbreitung der Bibelglossen-Handschriften im damaligen Europa sorgten in nicht geringem Maße Studenten der Pariser theologischen Schulen. Bei der Rückkehr an ihre Heimatorte brachten sie Kopien der im Unterricht verwendeten Texte mit. Häufig verzichtete man dabei zunächst auf die künstlerische Ausstattung der Manuskripte, um diese erst zu Hause im eigenen Skriptorium nachzutragen. Dementsprechend ist wohl auch Dom Hs. 26 in zwei Phasen entstanden. Die vermutlich in Nordfrankreich geschriebenen, glossierten Paulusbriefe kommen mit ihrem einheitlichen Initialschmuck weder dem Umkreis der französischen Vorbilder nahe noch einem der östlich des Rheins in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts üblichen Stile.
Der Beginn der einzelnen Briefe des Apostels Paulus ist - bis auf jenen an die Hebräer - als Variation über den Namen ihres Autors mit einem 'P' aus schmalen Leisten und gleichfalls in der Pergamentfarbe belassenen, locker verschlungenen Ranken gestaltet. Diesen entwachsen Endblüten aus fleischigen Palmetten, wie sie in rheinischer Initialornamentik der Zeit nicht ungewöhnlich sind, außerdem Blätter aus drei kleinen Kreisen sowie Pfeilblätter, die ihre Herkunft aus der ottonischen Buchkunst nicht verleugnen können. Vielleicht vermag die merkwürdige farbige Füllung des Binnengrundes mit blauen, türkisgrünen und braunen Polstern einen Fingerzeig hinsichtlich des Entstehungsortes dieser retrospektiven Zierbuchstaben zu geben. Bei der Suche nach älteren Vorlagen, die den Miniator zu seinen Pfeilblattranken angeregt haben können, stößt man auf ein Altes Testament, das in Groß St. Martin in Köln zur Spätzeit Erzbischof Annos entstanden ist (Düsseldorf, Universitätsbibl., Ms.A 1) und dessen Flechtband- und Spiralrankeninitialen blau, grün und braun gefüllt sind (Ornamenta 1985, II S. 308, E 85 [G. Karpp]; G. Gattermann [Hg.], Kostbarkeiten aus der Universitätsbibliothek Düsseldorf, Wiesbaden 1989, Nr. 8). Diese Farbtrias bleibt für Handschriften aus dem Martinskloster im 12. Jahrhundert bestimmend, wie etwa der Blick auf die 'Vitae sanctorum' lehrt (Düsseldorf, Universitätsbibl., Ms.C 10a; Ornamenta op. cit. E 87 [G. Karpp]; Gattermann op. cit., Nr. 9). Sollte der Paulus-Codex gleichfalls dort seine nachträgliche Ausstattung erhalten haben, wüßte man gerne, was den Künstler dazu veranlaßt hat, altertümliche Modelle in die Formensprache der eigenen Zeit zu übersetzen.
Zustand und Zusammensetzung
Schrift und Hände
Lateinischer Text in dunkelbrauner bis schwarzer spätromanischer Minuskel; Seitenüberschriften: Textura des 14. Jhs.; Auszeichnungsschrift: Ziermajuskel; ein- bis zweizeilige Initialen in Rot, Blau, Braun und Türkis;
Buchschmuck
- Große Rankeninitialen mit gespaltenem, farbig gefülltem Buchstabenkörper in grauer, brauner, blauer und roter Federzeichnung, z.T. mit Klammern und zoomorphen Motiven, mit farbiger Füllung des Binnenfeldes in Blau, Türkis und Braun.
Einband
Pergament mit Streicheisenlinien über Pappe (Mitte 18. Jh.).
Geschichte der Handschrift
Inhaltsangabe
- 1r / 2r Besitzvermerke Kölner Dom ( 14. Jh. ) Apostolus. Ecclesie beati Petri (darübergeschrieben) in Colonia ( 1r ), Iste liber sancto pertinet Petro ecc[lesie ] ( 2r ).
- 1v Leer.
-
2r-223r
Titel: Paulusbriefe mit Glossen
(vgl.
PL 114, 469-670;
Stegmüller 11832-11845).
- 2r Brief an die Römer Incipit: P(AULUS SERVUS IHSU XPISTI vocatus apostolus);
- Marginalglosse Pro altercatione scribit Romanis;
- Interlinearglosse Regis et sacerdotis .
- Alle folgenden Briefe werden mit einer großen Rankeninitiale eingeleitet, u.a.: 193r Brief an die Hebräer Incipit: M(ULTIFARIAM).
- 223r Ende mit Explicit: Gratia cum omnibus vobis amen; Marginalglosse Quibus non scribit, quia boni; Interlinearglosse nota a Roma scripsisse .
- 223v Leer.
- 224r/v Nachgetragene Glossen ( 13. Jh. ) (Prologe: Stegmüller 685, 7115 mit Zusatz contristatos quidem eos et emendatos ostendens , 707, 715, 728, 748, 736, 752, 765, vgl. 772, vgl. 780, vgl. 784, 793).
Bibliographie
- Hartzheim 1752, S. 18
- Jaffé/Wattenbach 1874, S. 9
- Handschriftencensus 1993, S. 588, Nr. 988
- Collegeville 1995, S. 42f.
Quellenangabe
- Glaube und Wissen im Mittelalter. Katalogbuch zur Ausstellung. München 1998. S. 232-234 (Beate Braun-Niehr) [Digitaler Volltext]
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