Signatur König 8
Inv. 2017/0266
Laval-Stundenbuch
Lateinisches Stundenbuch aus dem Besitz des Guy da Laval
Meister des Guy de Laval (Guise-Meister) und Meister der Jeanne de Raguenel
Westfrankreich, um 1420
Material
Pergament, 199 Blätter (2 alte Vorsatz- und drei alte Nachsatzblätter; Zählung beginnt auf Blatt 2); 208 × 145 mm; Lagen (z.T. mit Wortreklamanten): 12+1, 28+2, 36+1(?), 48, 510, 6-78, 86, 910, 10-208, 216, 22-258, 262+1; Schriftspiegel: 116 × 75 mm; einspaltig; 18 bzw. 16 (Kalendar) Zeilen; kaum erkennbare Liniierung.
Ausstattung
Lateinischer und französischer Text in schwarzer Textura, rubriziert; Versalien nicht mit Farbe hervorgehoben; einzeilige Initialen in Gold auf blauem und mauvefarbenen Grund mit weißem Filigran; Zeilenendungen der gleichen Art; zwei- bis vierzeilige Dornblattinitialen auf Goldgrund; in mauvefarbenem Feld sechs- bis achtzeilige blaue Initialen, gefüllt mit Dornblattranken auf Goldgrund; alle einfachen Textseiten mit senkrechten Dornblattstreifen zu beiden Seiten; einige Textanfänge mit Doppelstab und dreiseitiger Rankenklammer links; 31 Miniaturen in Gold und Deckfarben, gerahmt entweder von einer dreiseitigen Dornblattzierleiste mit ausstrahlendem Akanthus und umgeben von einer Dornblattbordüre mit eingestreuten Blumen, Blättern, Erdbeeren und Akanthusmotiven oder gerahmt von Akanthusbordüren; davon drei Vollbilder.
Einband
Dunkelbraunes Kalbleder, auf glattem Rücken gebunden; Deckel, gerahmt von dreifachen Streicheisenlinien, mit Semé-Rautenmuster aus Zweigen, in deren Mitte sich zwei unterschiedliche Blütenstempel befinden, die ihrerseits von Punkten außen und stilisierten Tränen oben und unten gerahmt sind; in der Mitte der Deckel ein von Zweigen gebildetes ovales Medaillon ausgespart; Rücken mit identischer Dekoration; Goldschnitt; im Stil der »Duodo-Einbände«, Paris um 1580-1590.
Vorbesitzer
196v Zitat aus Hiob mit dem Namen »Guy de Laval« in zierlicher Buchschrift des 15. Jhs.; auf dem ersten Vorsatzblatt Eintrag des 17. Jhs. »heures des descendants de la famille dela Chapelle«; im Deckel Exlibris mit dem Monogramm AH (= André Hachette) und Exlibris von Paul Louis Weiller mit springendem Pegasus in einem Oval.
Inhalt
1r-12v Kalendar (Region zwischen Angers, Le Mans und der Bretagne) in französischer Sprache, nur wenige Tage besetzt (u.a. 15.2.Translation des hl. Antonius, 9.5. Translation des hl. Nikolaus [rot], 19.5. hl. Yvo, 25.5. Translation des hl. Franziskus, 25.6. hl. Eligius [rot], 4.7. Translation des hl. Martin, 7.8. Transfiguration [rot], 17.9. Stigmatisierung des hl. Franziskus, 22.9. hl. Mauritius und seine Legion, 1.10. hl. Remigius, 16.10. hl. Michael von Mont Saint-Michel [rot], 1.12. Tugdual [rot]).
Miniaturen auf Zierseiten; die Textanfänge meistens darunter.
13r-15v Evangelienlesungen. 13r Evangelium nach Lukas. 13v Evangelium nach Johannes. 14v Evangelium nach Matthäus.
15v-17v Passion nach Johannes.
18r/v leer.
19r(?)-70v Marienoffizium (Rom). 19r Vollbild: Verkündigung an Maria. 19v leer. 20r Gefangennahme Christi. 37v leer. 38r Verspottung Christi. 46v leer. 47r Verhör vor Pilatus. 50v Geißelung Christi. 54r Kreuzannagelung. 57v Kreuzigung. 61r Kreuzabnahme. 67r Grablegung Christi.
71r-77r Adventsoffizium. 71r Vollbild: Begegnung an der Goldenen Pforte.
77v-82r Offizium zu Weihnachten. 77v Vollbild: Geburt Christi.
82v-84r Horen des Hl. Kreuzes. 82v Arma Christi.
84v-85v Horen des Hl. Geistes.
86r-89r Fünfzehn Gradualpsalmen.
89v-106r Heiligensuffragien mit Miniaturen. 89v Erzengel Michael im Kampf gegen Luzifer. 91v hll. Johannes der Täufer, Petrus und Paulus. 92v hll. Andreas und Johannes der Evangelist. 93v hll. Stephanus und Laurentius. 94v hll. Vinzenz und Eustachius. 95v hll. Dionysius und Mauritius. 96v hll. Cosmas, Damian und Christophorus. 97v hll. Martin und Nikolaus. 98v hll. Julian und Tugdual. 99v hll. Aegidius und Mathelinus. 100v hll. Antonius Abbas und Fiacrius. 101v hll. Sulpicius und Ludwig. 102v hll. Franziskus und Yvo. 103v hll. Anna und Maria Magdalena. 104v Katharina und Maria Magdalena (eigentlich müsste die hl. Agathe dargestellt sein). 105v leer. 106r Alle Heiligen.
106v-109v leer.
110r-126v Bußpsalmen mit Litanei (u.a. Tugdual und Ivo; in der Gruppe der Märtyrer neun Zeilen, bei den Bischöfen und Doktoren acht Zeilen frei gelassen; bei den weiblichen Heiligen drei der ursprünglich sieben freien Positionen mit Fides, Spes und Caritas gefüllt). 110r Jüngstes Gericht.
127r-158v Totenoffizium (Rom) . 127r Bestattungsszene.
159r-190v Versgebete. 159r E dieu mon iuge souverain. 162r Ave cuius concepcio. 163r/v leer. 164r Maria mit Kind und Engeln. Gorieuse vierge royne. 172r Margarete, aus dem Drachen emporwachsend. Gereimte Margaretenvita. Après la sainte passion.
191r O(bsecro te); für männlichen Gläubigen eingerichtet.
193r Gebet. D(ieu misericors octroie moy desirer ardentement).
195r/v leer.
196r Suffragien (nachgetragen?): Bonifatius und Aglaes(?).
196v Zitat aus Hiob und Gebet. Deus pacis caritatisque amator et custos (nachgetragen).
197r/v leer.
198r Pater noster, Ave Maria, Credo (nachgetragen).
198v Confiteor Deo omnipotenti et beate Marie virgini et beato Francisco (nachgetragen).
Literatur
E. König (mit Beiträgen von G. Bartz und H. Tenschert), Leuchtendes Mittelalter N.F.III, Ramsen/ Rotthalmünster 2000, Nr. 6, S. 90ff.
Ars vivendi – Ars Moriendi. Die Handschriftensammlung Renate König, hrsg. und bearb. von Joachim M. Plotzek, Katharina Winnekes, Stefan Kraus und Ulrike Surmann, München 2001, Kat. 8, S. 152-173.
Gabriele Bartz, Das Stundenbuch des Guy de Laval, Sammlung Renate König I, Reihe »Kolumba« (Bd. 16), Köln 2005.
Gregory T. Clark, A Modest Manuscript Within an Impressive Oeuvre: The Hague, Koninklijke Bibliotheek, Ms 135 J 9, and the Master of the Guise Hours, in: Quaerendo 39, 2009, S. 257-303, passim.
Gabriele Bartz, Zentrum und Peripherie. Der Meister des Guise-Stundenbuchs, vel potius Meister des Stundenbuchs des Guy de Laval, Simbach am Inn 2017, S. 15-50 und passim. |