Signatur König 12
Inv. 2017/0270
Pariser Psalter-Stundenbuch
Lateinisches Psalter-Stundenbuch nach dem Brauch von Amiens aus dem Besitz des Kanonikers de la Bourdinière Boylesve
Meister der Triumphe des Petrarca (Jean Pichore) und Illuminator Guilbert
Paris, um 1510
Material
Pergament, 222 Blätter (drei Vorsatzblätter- und ein Nachsatzblatt aus Pergament); 228 × 165 mm; Lagen: 1-198, 204, 218+1, 22-278, 288+1 (zwischen 178 und 179 ein unfoliiertes Blatt); Schriftspiegel: 138 × 94, im Kalendar 101 mm; einspaltig, in der Litanei (138r-139v) zweispaltig; 24 bzw. 33 (Kalendar) Zeilen; Liniierung in Rot.
Ausstattung
Lateinischer Text in schwarzer Bastarda, rubriziert; die Psalmenanfänge mit zweizeiligen, die Psalmenverse mit einzeiligen Zierbuchstaben in Pinselgold abwechselnd auf braunrotem und blauem, mit Pinselgold ornamentiertem Grund; zahlreiche drei- bis fünfzeilige Initialen in derselben Art (für die Psalterteilungen, die einzelnen Stundengebete u.ä.), z.T. aus Akanthus und z.T. mit Schriftbändern, so auf fol. 135r die Inschrift Guilbert; fünf Miniaturseiten mit architektonischer Rahmung und Unterteilung durch Schriftband in Deckfarben mit Pinselgold sowie eine sechszeilige Bildinitiale (zu Ps 1).
Einband
Weicher Pergamentband mit fünf Bünden über dünnen Pappdeckeln; Rücken und Deckel mit goldenem Streicheisen- und Stempelschmuck verziert, dazu ein Jesus-Medaillon (vorn) und ein Maria-Medaillon (hinten); vermutlich französische Arbeit um 1600, wohl für den Kanoniker aus Angers, der sich im ersten Deckblatt verewigt hat.
Vorbesitzer
Eintrag des Protonotars des Heiligen Stuhls, Kanonikers und Kanzlers der Universität Angers, De la Bourdinière Boylesve vom 7. Januar 1602 sowie zwei weitere Einträge auf dem ersten Vorsatzblatt. Daraus geht hervor, dass derselbe Besitzer 1622 zum Dekan und Kanoniker von St. Maurice in Angers, also der dortigen Kathedrale, gewählt wurde; dazu eine Angabe vom 28. April 1822, in der ein namentlich nicht bekannter Besitzer festhält, seine Frau habe ihm das Stundenbuch geschenkt.
Inhalt
1r-6v Kalender (Amiens) in lateinischer Sprache (Festtage u.a. 1.9. hl. Firminus, 11.12. hl. Fuscianus; auffallend: 17.12. Empfang des Hauptes von Johannes dem Täufer [Hauptreliquie in der Kathedrale von Amiens]).
7r-8r Pater noster, Ave Maria und andere häufig gebrauchte Gebete wie das Credo und das Confiteor. 8v leer.
9r-114r Psalter beginnend mit dem Hieronymus-Prolog; Psalmen mit Antiphonen, in kurzen Rubriken durchgezählt; Matutinpsalmen für jeden Tag der Woche und Vesperpsalm des Sonntags betont. 9r David im Gebet und Zug durch das Rote Meer. 10r Ps 1. B(Eatus vir): Gottvater in den Wolken. 26r Montag. Ps 26. D(Ominus illuminatio). 36v Dienstag. Ps 38. D(Ixi custodiam). 46r Mittwoch. Ps 52. D(Ixit insipiens). 55r Donnerstag. Ps 68. S(Alvum me fac) . 66v Freitag. Ps 80. E(Xultate). 78r Samstag. Ps 97. C(Antate domino). 89v Sonntag, zur Vesper. Ps 109. D(Ixit dominus).
114r-119v Cantica. C(Onfitebor). 119v V(Eni creator).
120r Anfang des Johannes-Evangeliums mit Abschlussgebet.
121r-134v Marienoffizium, weitgehend nach dem Gebrauch von Thérouanne; die Psalmen nur mit Incipit und Nummer. 121r Maria mit dem Christusknaben als Sieger über Löwe und Schlange; Verkündigung; Geburt Christi. D(Omine): Kreuzigung.
135r-136r Horen des Hl. Kreuzes.
136r-137v Horen des Hl. Geistes.
137v-138r Bußpsalmen; die Psalmen nur mit Incipit und Nummer.
138r-140v Litanei (Amiens: Firminus, Honoratus, Salvus, Berthundus, Domicius, Warlesius, Luxor, Bertinus, Audomarus, Richarius, Walaricus, Samson, Wulfrannus, Ludovicus).
140v Gebete zur Fastenzeit.
142v Gebete.
144v kurzer Auszug aus der Johannes-Passion mit anschließenden Gebeten wie O bone Iesu.
146v Sieben Verse des Heiligen Bernhard.
147r-149v Mariengebete; für einen männlichen Nutzer: 147r O(bsecro te), 148v O (intemerata) an Maria und Johannes.
149v-155r Heiligenmemorien (Amiens): 149v Petrus, 150r Paulus, Firminus, De inventione sancti Firmini (als Suffragium in einem Stundenbuch fast einzigartig), 150v Blasius, Adrian, 151r Sebastian, Nikolaus, 151v Walarich, Antonius, 152r Magdalena, Austreberta, Martin, 152v Katharina, Fuscian, Victoricus und Gentian, 153r Jodocus, 153v Unschuldige Kindlein, von einem Apostel, 154r weitere Suffragien aus dem Commune.
155v-156v leer.
157r-163v Totenoffizium; die Psalmen nur mit Incipit und Nummer. 157r Die Seele des Verstorbenen wird zum Himmel getragen; Auferstehung der Toten und Höllenschlund.
164r Commendatio animarum.
166r Psalterium abbreviatum in zwanzig Artikeln.
172v Psalterium virginis Marie super Ave Maria in 150 Worten, gereimt: Per verba ter quinquaginta saluto te virgo beata: A(ve venerabilis venustate morum).
173v leer.
174r-209v Proverbia Salomonis mit Hieronymus-Prolog. 174r König Salomo am Speisetisch.
210r-222v Ecclesiastes mit Hieronymus-Prolog. 210r jugendlicher Salomo und Ratgeber.
223r als ehemaliges Deckblatt regliert, aber leer.
Literatur
E. König, Leuchtendes Mittelalter IV, Kat. 29 Antiquariat Heribert Tenschert, Rotthalmünster 1992, Nr. 1.
Ars vivendi – Ars Moriendi. Die Handschriftensammlung Renate König, hrsg. und bearb. von Joachim M. Plotzek, Katharina Winnekes, Stefan Kraus und Ulrike Surmann, München 2001, Kat.12, S. 214-225.
Caroline Zöhl, Jean Pichore. Buchmaler, Graphiker und Verleger in Paris um 1500, Turnhout 2004, S. 185. |