Collectio canonum Hibernensis et al. (Köln, Erzbischöfliche Diözesan- und Dombibliothek, Cod. 210)
Bibliographische Beschreibung
Überblickbeschreibung
Kirchenrechtliche Sammelhandschrift
Die kirchenrechtliche Sammelhandschrift besteht aus einer nicht gegliederten Zusammenstellung von Canones (Konzilsbeschlüssen), die nach verschiedenen Quellen exzerpiert wurden. Die erste Sammlung (I) hat viele Gemeinsamkeiten mit der 'Collectio Hibernensis', einer Sammlung irischer Herkunft, und kann als ein Auszug daraus bezeichnet werden (Mordek 1975). Wie schon Finsterwalder (1929) zeigte, kommt als Vorlage das Werk des Discipulus Umbrensium in Frage, das seinerseits mit dem Poenitentiale des (Pseudo-)Theodor von Canterbury (gest. 690) zusammenhängt. Zu dieser "Theodor-Überlieferung" gehört auch Teil II, der vor allem Bestimmungen über die kirchliche Ordination (Ämterbestellung) enthält, die u.a. auf den Konzilien von Orange (441), Karthago (418), Agde (506) und Chalkedon (451) geregelt wurden (Finsterwalder 1929, S. 74). Ähnlich verhält es sich mit Teil III, der unter dem Gesichtspunkt der Bußordnung angelegt ist. Schon Wasserschleben (1885, S.XXVf.) nahm an, daß die Sammlung "nicht in Irland, sondern im fränkischen Reiche verfaßt" sei, was Handschriften dieses Typs in Cambrai und Chartres bekräftigen (Mordek 1975).
Lowe ( CLA VIII 1959, 1161) vermutete die Entstehung von Dom Hs. 210 in der 2. Hälfte des 8. Jahrhunderts in einem nordwestfranzösischen Skriptorium (Cambrai?), das in Kontakt mit insularen Zentren stand. Auf einen Entstehungsort in Frankreich weist auch die Initialornamentik der Handschrift, mit in den Buchstabenkörper integrierten gegenständigen Fischen (31v) oder Vögeln (97v, 105r). Beide Formen stammen aus dem Repertoire der merowingischen Buchmalerei. Fast gegensätzlich dazu verhalten sich die Zierbuchstaben der ersten Zeile von Folio 2r sowie eine Reihe nachfolgender Initialen, deren einfache Buchstabenkörper mit Folgen von jeweils drei pergamentausgesparten Kreisen und dünnen goldenen Balken gefüllt sind. Sie vertreten in gewisser Weise einen eigenen Stil und sind zumeist mit Büstenbildnissen im Profil oder en face gefüllt. Nordenfalk (Die spätantiken Zierbuchstaben, Stockholm 1970, S. 144f., 220, Abb. 35) fand entsprechende Beispiele in den Paulusbriefen der Codices Clm 6234 der Bayerischen Staatsbibliothek (München), entstanden zu Beginn des 6. Jahrhunderts in Afrika oder Spanien, und Ms.10 B. 4 im Rijksmuseum Meermanno-Westreenianum (Den Haag), das ebenso Initialen mit stilistisch unserer Handschrift verwandten Brustbildern enthält ( CLA X 1963, 1572a; Suppl. 1971, S. 79). Lowe sah auch diese Canonessammlung in Nordfrankreich in der 2. Hälfte des 8. Jahrhunderts entstanden. Bischoff folgte ihm (1981, S. 17f. Anm.57) und präzisierte auf Nordostfrankreich (Umkreis von Reims).
Überblickbeschreibung aus: Glaube und Wissen im Mittelalter. Katalogbuch zur Ausstellung, München 1998, S. 116-117 (Anton von Euw)
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